Anaphylaxie - ein echter Notfall

May 09, 2023
Nüsse in Schale und eine Hand

Die Klassiker unter den Allergien sind bei Kindern Insekten- und Nussallergien. Nur kurz zur Definition: Eine allergische Reaktion bezeichnet eine akute Überempfindlichkeitsreaktion auf einen eigentlich harmlosen Auslöser. Das sind in 

  1. 60% der Fälle Nahrungsmittel
  2. in ca. 25% Insektengift
  3. 10% Medikamente 

Es kommt meist zu lokal begrenzter Quaddelbildung, Rötung und einem starken Juckreiz, so wie ihr es von einem Insektenstich kennt. Hier hilft es in der Regel gut zu kühlen und nach Möglichkeit nach einer Desinfektion mit Insektengels zu versorgen. Allergien sollten aber zügig bei einem Facharzt für die Behandlungen von Allergien, dem Allergologen, abgeklärt werden. 

Von der lokal begrenzten allergischen Reaktion muss man die Anaphylaxie abgrenzen. Von einer Anaphylaxie spricht man bei einer schweren und lebensbedrohlichen allergischen Reaktion. Die Daten gehen hier auseinander, aber es sind ca. 7-50 Fälle auf 100.000 Einwohner jährlich, die solch eine schwere Reaktion erleiden. 

Etwa 1% aller Vorstellungen in der Notaufnahme sind allergische Reaktionen und die Tendenz ist in den letzten Jahren eher steigend. Todesfälle aufgrund von schweren allergischen Reaktionen mit einer Anaphylaxie und Kreislaufversagen sind glücklicherweise extrem selten und betreffen ca. 1–3 pro 1 Mio. Einwohner jährlich.

❗Wenn ihr den Verdacht habt, dass euer Kind auf ein Nahrungsmittel oder Insektenstich allergisch reagiert, dann müsst ihr SOFORT reagieren und die Allergenzufuhr stoppen, d.h. ihr entfernt eventuelle Rückstände der Nahrung aus oder um dem Mund, oder entfernt den Stachel der Biene. Dann solltet ihr umgehend den Rettungsdienst rufen. 

Die Anaphylaxie lässt sich in 4 Schweregrade einteilen, die aber schnell ineinander übergehen können:

Bei Grad 1 liegt ein Juckreiz und eine Urtikaria, das ist die Nesselsucht vor. Möglicherweise kommt eine Flush -Symptomatik, das ist eine Rötung der Haut vor allem im Gesicht und Halsbereich und ein Angioödem dazu. Darunter versteht man eine Schwellung durch Wassereinlagerungen im Gesicht. Diese Symptome sind nicht wie bei der lokalen allergischen Reaktion auf das Hautareal begrenzt, das mit der auslösenden Substanz in Kontakt gekommen ist, sondern über weite Teile des Körpers verteilt. 

Die Grade 2 und 3 haben wir zusammengefasst, da die Symptome oft fließend ineinander übergehen. Es kommen dann zusätzlich zu eben genannten Symptomen des Grad 1 noch weitere Symptome hinzu, zum Beispiel an den Atemwegen. Beispiele dafür wären ein Kribbeln/ Brennen/ Jucken oder auch eine Schwellung im Mundbereich, also von Zunge/ Gaumen/ Gaumenzäpfchens bis hin zu einer kloßigen Sprache mit Schluckbeschwerden. Hier kann es auch zu vermehrtem Speicheln und einem zischenden Geräusch bei der Einatmung, das nennt man Stridor, bis hin zum Ersticken. Bei Babies und Kleinkindern ist der Atemweg deutlich kleiner als bei Erwachsenen, sodass eine Schwellung bis hin zum Zuschwellen viel schneller geschehen kann. 

Bei anaphylaktischen Reaktionen kommt es zu einem Aufweiten der Gefäße, dadurch fällt der Blutdruck ab und die Gefäße können die Flüssigkeit nicht mehr im Gefäß halten, so dass diese dann ins umliegende Gewebe gepresst wird und dort für eine Schwellung sorgt. Durch den Blutdruckabfall durch eine Gefäßaufweitung kann es auch zu Schwindel oder Bewusstseinsverlust oder -minderung kommen. Das Herz versucht den Blutdruckabfall über eine Erhöhung der Herzfrequenz zu kompensieren, um trotzdem noch so viel Blut wie möglich durch den Körper zu pumpen. Weitere Symptome im Stadium 2-3 der Anaphylaxie können zudem Erbrechen und Durchfall. 

Von Grad 4 spricht man bei einem vollständigen Herz-Kreislaufversagen.

 
Was tun bei einer anaphylaktischen Reaktion eines Kindes?

Bei einer anaphylaktischen Reaktion solltet ihr euer Kind entweder flach auf dem Boden hinlegen oder, wenn es das besser toleriert, liegend auf dem Arm nehmen.  Bei starker Luftnot setzt ihr euer Kind vorsichtig in die sitzende oder halbsitzende Position und zwar am besten seitlich vor euch auf den Schoß. So könnt ihr das Gesicht und das Bewusstsein eures Kindes überwachen.

Wenn euer Kind auf die allergische Reaktion mit Kreislaufschwäche reagiert, d.h. es ist blass, schwitzt stark und ihr könnt den Puls kaum tasten, weil er so schwach ist und schnell, dann könnt ihr versuchen die Beine ein wenig hochzulagern bis der Rettungsdienst eintrifft. 

Bei Bewusstlosigkeit solltet ihr euer Kind in die stabile Seitenlage, bzw. bei Kindern unter 1 in die Bauchlage legen. Wichtig ist, dass ihr euer Kind bis zum Eintreffen des Rettungsdienstes oder nach einer allergischen Reaktion auf ein Lebensmittel engmaschig überwacht. Allergische Reaktionen können manchmal einen sogenannten biphasischen Verlauf haben, d.h. nach einer anfänglichen Besserung wird es erst nochmal schlechter.

Nach einer allergischen Reaktion solltet ihr für euer Kind einen Allergie-/ Anaphylaxiepass mit der Auflistung aller bekannten Allergene, also Lebensmittel oder Medikamente usw. auflisten. Bei einer bekannten Anaphylaxie, habt ihr vermutlich schon den sogenannten Epi-Pen von eurem Kinderarzt verschrieben bekommen. Insbesondere gefährlich sind hier Stiche im Bereich der oberen Atemwege, d.h. nicht nur Stiche am Hals/ Im Bereich um den Mund, sondern auch Stiche im Mund/ das Verschlucken einer Wespe/Biene und es gilt, keine Zeit zu verlieren und den Epi-Pen entsprechend der Anleitung eures Kinderarztes bei den ersten Symptomen einer allergischen Reaktion anzuwenden.

Als Eltern oder Betreuungsperson macht es Sinn, an einer sogenannten ℹ️ Anaphylaxie-Schulung teilzunehmen. Unseres Wissens nach sind diese mittlerweile auch Bestandteil einer Krankenkassenleistung und werden zumindest teilweise übernommen. 

Eure Annalena und Lukas

Dieser Beitrag ersetzt keine ärztlichen Behandlungen, er dient lediglich der Information.

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